Euroform | Budapest, Ungarn

„Kaufe eine automatisierte Maschine für die 24-Stunden-Fertigung, dann erzielst du mehr Durch­satz mit derselben Personal­stärke.“ So einfach ist das nicht im Formen­bau mit seiner Komplexität und Dynamik im Tages­geschäft. Zur effizienten Fertigung gehört auch eine entsprechende Arbeits­organisation. Der Spritzgieß­formenbauer Euroform richtete diese auf das Manufacturing Execution System (MES) von Hummingbird für die Einzel­fertigung aus. Nun stehen Arbeits­vorräte und alle Daten zur rechten Zeit am richtigen Ort sicher zur Verfügung – und der Maschinen­stillstand sinkt.

Seit der Gründung 1993 im ungarischen Budapest verfolgt Euroform das Ziel einer Fertigung auf höchstem technischen Niveau. „Wir wollen uns stetig weiter­entwickeln und streben nachhaltige, langfristige Beziehungen mit unseren Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern an“, betont Geschäftsführerin Krisztina Zwick.
Im Wettbewerb um Kunden, hauptsächlich aus der anspruchsvollen Automobilindustrie, gilt es jeden Vorteil zu nutzen. Dazu gehören Standardisierung und Automatisierung – keine einfachen Themen im Spritzgießformenbau mit überwiegend individueller Fertigung und Abläufen, in die immer mal wieder einzugreifen ist.

In der Regel sind bei den 70 Mitarbeitern von Euroform immer rund 50 Spritzgieß­werkzeuge in Bearbeitung, sei es in der Konstruktion, beim Fräsen oder in der Montage. Die Werkzeuge bestehen aus 200 bis 300 Bauteilen. Für ihre Fertigung müssen Arbeitsvorräte geplant und „just in time“ bereitgestellt werden. „Unser früheres Organisations­modell mit einem Werkstatt­leiter, der den Überblick behält, kam hier an seine Grenzen – auch mit Einsatz von Excel-Tabellen“, beschreibt Krisztina Zwick. Der Versuch, mit einem ERP-System die Fertigung besser zu planen und zu steuern, scheiterte ebenfalls.

 – Seit der Gründung 1993 fertigt Euroform im ungarischen Budapest Spritzgieß­werkzeuge und zielt dabei auf höchstes technisches Niveau sowie Standardisierung und Automatisierung

Seit der Gründung 1993 fertigt Euroform im ungarischen Budapest Spritzgieß­werkzeuge und zielt dabei auf höchstes technisches Niveau sowie Standardisierung und Automatisierung

„Für Euroform hat sich diese mehrjährige Neuausrichtung in der Fertigung gelohnt. Jeder Fehler weniger, jeder gesparte Aufwand von Zeit und Kosten, jede Personal­entlastung durch die MES-Steuerung bringt uns unserem Ziel näher. Nicht der Automatisierung per se, sondern der größtmöglichen Nutzung ihrer Vorteile.“

Geschäftsführerin Krisztina Zwick

Auf der Suche nach einem Planungstool, das auch den Ansprüchen einer Einzel­fertigung genügt, wurde das Unternehmen vor gut fünf Jahren fündig. Mitte 2016 begann man mit der Einführung der Software eines Anbieters, der auf Lösungen für den Werkzeug- und Formenbau sowie den Maschinen- und Anlagenbau spezialisiert ist: Die Nürnberger Firmen Hummingbird Systems und Hummingbird Services entwickelten und vertreiben zusammen ein Manufacturing Execution System (MES), das insbesondere in Einzel­fertigungs­betrieben mit weniger als 15 bis über 400 Mitarbeitern europaweit eingesetzt wird. Dieses System nutzte Euroform zunächst zur agilen Fertigungs­planung und getakteten Fertigungs­steuerung. Im Basis­paket enthalten waren auch die automatische Betriebs- und Maschinendatenerfassung, ein Fehler- und Informationsmanagement sowie die Integration des vorhandenen ERP-Systems abas mit Zufluss von Projektdaten und Stücklistenpositionen ins MES und Rückfluss von Bearbeitungszeiten ins ERP.

Verteilte Verantwortlich­keiten statt Werkstattleiter

Dabei war klar, dass es mit Softwarekauf plus Schulung nicht getan ist. „Wir wollten eine neue Arbeits­organisation mit straffen, sicheren Prozessen schaffen, um die Vorteile des MES und der angestrebten Auto­matisierung best­möglich nutzen zu können“, erläutert Krisztina Zwick. Statt von einem Werkstatt­leiter werden jetzt die fünf Arbeits­gruppen mit verteilten Verantwort­lich­keiten geführt. Deren Aufgaben samt Reihenfolge steuert das MES, ebenso wie die Bereit­stellung der zugehörigen Fertigungs­informationen.
Die Vorteile sind beträchtlich: Die Fertigung lässt sich nun in Echtzeit planen und steuern, sodass die richtigen Daten bzw. die freigegebenen Informationen prozesssicher zur rechten Zeit am passenden Ort digital zur Verfügung stehen. Der Auftrags­status jedes Bauteils lässt sich sofort ersehen, nötigenfalls kann man direkt eingreifen. Dank der hohen Transparenz ist seither der Vertrieb und das Projekt­management immer in Echtzeit im Bilde.

Die Begleitung, Beratung und Optimierung durch Hummingbird war ein wichtiger Faktor, damit sich das Euroform-Team in die umfassende Neuordnung gut einarbeiten konnte. Marcus Kalbacher, Geschäfts­führer von Hummingbird Services, kennt die Problematik nicht nur am Beispiel von Euroform: „In der Einzelteil- und Kleinserien­fertigung sind MES oftmals noch Neuland. Es gibt nur wenige, sie entstammen meist aus der Serien­fertigung oder aus der kaufmännischen ERP-Software und können die Dynamik im Formenbau nicht optimal abbilden. Sie sind für diese Branche zu starr und zu umständlich in der Planung und Steuerung. Unser smartes MES dagegen ist schnell und wendig wie sein Namens­geber, der Kolibri (Engl.: Hummingbird). Dank seiner agilen Methoden lässt sich die Fertigung kleiner Losgrößen effizient und flexibel planen und steuern.“

 – Der Bearbeitungsstatus jedes Bauteils lässt sich im Hummingbird MES in Echtzeit ersehen, nötigenfalls kann man direkt eingreifen

Der Bearbeitungsstatus jedes Bauteils lässt sich im Hummingbird MES in Echtzeit ersehen, nötigenfalls kann man direkt eingreifen

Die ersten Erfolge bewogen Euroform zum schrittweisen MES-Ausbau in den Folge­jahren bis heute zu einem ganzheit­lichen Fertigungsmanagement. Dazu zähltezunächst die Integration des CAM-Systems samt Anbindung sämtlicher Bearbeitungszentren.
Wurden die NC-Programme vorher manuell einzeln vom Server zur Steuerung transferiert, so überträgt nun die digitale NC-Programmverwaltung des Hummingbird MES die NC-Daten sicher an die entsprechende Maschine. Integriert wurde zudem ein KPI-Monitoring, das auf die verschiedenen Führungskräfte zugeschnittene Leistungskennzahlen online visualisiert.

Schrittweiser Ausbau des MES

Um Maschinenstillstand weiter zu reduzieren und zunehmend einen automatisierten Betrieb zu realisieren, erweiterte Euroform im dritten Schritt das Hummingbird MES mit einem zentralen Werkzeug­management samt Steuerung der Werkzeug­logistik. Damit war Schluss mit dem aufwendigen manuellen Vorbereiten und Einmessen jedes einzelnen Werkzeugs in der Maschine. Musste ein Maschinen­bediener früher die zur Bearbeitung fehlenden Werkzeuge selbst organisieren, so übernimmt dies heute ein Werkzeug­rüster – per MES frühzeitig beauftragt vom CAM-Personal, kurzfristig auch vom Maschinen­bediener selbst. Damit sanken die Stillstand­zeiten und die Produktivität der Maschinen stieg signifikant. Dabei wird auch eine hohe Sicherheit erreicht: Werkzeug­daten werden nun per MES an die Maschine übertragen und müssen nicht mehr manuell an der Steuerung eingetippt werden, womit das Risiko von Fehlern und folglich auch von Schäden sinkt. Bisher letzter Schritt war ein Umstieg auf die CAM-Software hyperMILL®. Im Zuge der hyperMILL®-Integration in das Hummingbird MES wurden weitere Vorbereitungen zur Anschaffung einer neuen automatisierten Fertigungs­maschine mit Paletten­wechsler umgesetzt. So steuert das MES nun auch die externe NC-Programm-Simulation über die Software Vericut. Der Prozess- und Datenfluss dazu ist komplett automatisiert. Durch diese Prozessa­utomatisierung im Hinter­grund werden nun 100 Prozent der NC-Programme simuliert und nicht nur Stichproben wie früher. Dies steigert die Sicherheit, gerade in Bezug auf eine Automations­anlage enorm.

 – Die Spritzgießwerkzeuge bestehen aus 200 bis 300 Bauteilen. Durch das Hummingbird MES kommen die Bauteile „just in time“ in der Montage an

Die Spritzgießwerkzeuge bestehen aus 200 bis 300 Bauteilen. Durch das Hummingbird MES kommen die Bauteile „just in time“ in der Montage an

„Für Euroform hat sich diese mehrjährige Neuausrichtung in der Fertigung gelohnt. Jeder Fehler weniger, jeder gesparte Aufwand von Zeit und Kosten, jede Personalentlastung durch die MES-Steuerung bringt uns unserem Ziel näher. Nicht der Automatisierung per se, sondern der größtmöglichen Nutzung ihrer Vorteile“, bilanziert Krisztina Zwick. Die Resultate sind eindeutig: Das nun digitale Fertigungs­management spart viel Zeit und erhöht die Sicherheit sowie die Transparenz für die richtigen Entscheidungen.
Marcus Kalbacher rät: „Mit der agilen Planung, Steuerung und Echtzeit­transparenz lässt sich Schritt für Schritt ein ganzheitliches Fertigungsmanagement erreichen. Egal ob klein oder groß: Mit so einem Projekt wirkt ein passendes MES immer als deutlicher Tempomacher im digitalen Zeitalter.“

www.euroform.hu

Bilder: Euroform

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