Mehr Agilität in der Einzelfertigung
Formenbau KRUG | Breidenbach, Deutschland
Um die Dynamik des Tagesgeschäfts im Formenbau zu bewältigen und Durchlaufzeiten zu minimieren, braucht es ein agiles Planungs- und Steuerungssystem. Formenbau KRUG hat es: Das Hummingbird Manufacturing Execution System macht Arbeitsvorräte und zugehörige Daten zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar und lässt schnell reagieren.
Wenn sich Termine oder Kundenanforderungen mal wieder ändern, wenn in der Fertigung eine Maschine oder Personal ausfällt, eine Arbeitsschicht mehr oder weniger gebraucht wird, dann kommt es oft zur Nagelprobe. „Unsere bisherige Planung über das ERP-System war gut, aber nicht optimal. Wir wussten, was in den jeweils nächsten Planungswochen auf uns zukommt, mussten aber immer händisch eingreifen, wenn sich Änderungen ergaben“, sagt Timo Blöcher, Prokurist bei Formenbau KRUG. Und wechselhafte Situationen gehören zum Tagesgeschäft der Branche dazu.
In solchen Fällen kam auch das Auftragsabwicklungssystem der papiernen Laufkarten mit Barcodes für Buchungsvorgänge an seine Grenzen. Dann waren gedruckte Wochenpläne überholt, viel Papier musste ausgetauscht werden, die Rück- und Neubuchung von Aufgaben per Scanner schuf Aufwand und kostete Zeit. Darum und um geschäftliche Ziele besser realisieren zu können, strebte Formenbau KRUG mehr Effizienz an. Im Visier stand, schneller reagieren sowie insgesamt transparenter und in Echtzeit planen zu können. Durchlauf- und Liegezeiten sollten sinken, Nutzungsgrade und Auslastung steigen.
„Wir erkennen die Auslastung einzelner Maschinen und Bereiche direkt, können insgesamt besser vorplanen, bei neuen Situationen sofort umplanen und die resultierenden Auswirkungen direkt sehen.“
Timo Blöcher, Prokurist bei Formenbau KRUG
Aus guten Gründen: Formenbau KRUG ist Teil der Krug-Gruppe, hat seinen Sitz im mittelhessischen Breidenbach. 70 Mitarbeiter fertigen dort Druckguss- und Spritzgusswerkzeuge, die in die schwesterliche Unternehmenssparte Kunststofftechnik KRUG gehen, ein großes Volumen findet aber auch externe Abnehmer. Im harten globalen Wettbewerb gilt es gewinnbringend am Standort Deutschland zu arbeiten. Time-to-Market zählt immer mehr. Dazu setzt KRUG auf Digitalisierung, Engineering auch mit Hilfe von CAD-Simulation sowie konsequentes und verlässliches Projekt- und Kundenmanagement über einen festen Ansprechpartner. Darüber hinaus bietet der Formenbauer einen Rundum-Service für 360-Grad-Werkzeugmanagement für den kompletten Lifecycle-Prozess von Planung, Datenmanagement, Engineering, Herstellung bis zur Wartung an.
Vor diesem Hintergrund wurde ein Manufacturing Execution System (MES) zur Fertigungsplanung und -steuerung als Ergänzung des bestehenden ERP-Systems gesucht. Ein Glücksfall, dass der langjährige ERP-Partner Schubert Software & Systeme aus Amberg in der Oberpfalz mit einem MES-Anbieter kooperiert, der wie Schubert auf Lösungen für den Werkzeug- und Formenbau spezialisiert ist: Die Nürnberger Firmen Hummingbird Systems und Hummingbird Services entwickelten und vertreiben zusammen ein MES zur agilen Fertigungsplanung und getakteten Fertigungssteuerung, das insbesondere in Einzelfertigungsbetrieben mit weniger als 15 bis über 400 Mitarbeitern europaweit eingesetzt wird.
„In der Einzelteil- und Kleinserienfertigung sind MES oftmals noch Neuland. Es gibt nur wenige, sie entstammen meist dem kaufmännischen Sektor oder können die Dynamik im Formenbau nicht optimal abbilden. Das gilt auch für die Systeme aus der Serienfertigung, sie sind für diese Branche zu starr in der Fertigungsplanung und -steuerung“, erläutert Marcus Kalbacher, Geschäftsführer von Hummingbird Services. „Unser smartes MES dagegen ist schnell und wendig wie sein Namensgeber, der Kolibri (Engl.: Hummingbird). Dank seiner agilen Methoden lässt sich die Fertigung kleiner Losgrößen effizient und flexibel planen und steuern – ganz im Sinne von Industrie 4.0.“
Das modulare System wurde speziell für den Werkzeug- und Formenbau, Maschinen- und Anlagenbau sowie für die spanabhebende Einzelteil- und Kleinserienfertigung entwickelt. Es plant und steuert die Fertigung in Echtzeit, sodass prozesssicher die richtigen Daten bzw. die freigegebenen Informationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort digital zur Verfügung stehen. Zur Datenein- und ‑ausgabe lassen sich auch mobile Geräte nutzen.
Aus Sicht von KRUG versprach das System die Erfüllung aller gestellten Anforderungen. Entscheidend für die Wahl war auch, dass das etablierte ERP-System ratio.net von Schubert mit dem Hummingbird MES reibungslos zusammenarbeitet. „Die Kombination von ERP und MES in dieser Ausführungsstufe und Funktionstiefe haben wir im Markt sonst nirgendwo gefunden“, urteilt Timo Blöcher. Das gab den Ausschlag im Wettbewerbsvergleich.
Vorteile sofort sichtbar
Drei Wochen nach Einführung des MES zeigten sich schon erstaunliche Erkenntnisse. Der Aufbau getakteter Blockfertigung ist auf gutem Wege, teils werden schon Termine mit einem Viertel weniger Durchlaufzeit durchgeplant. Beispiel Erodieren: Der Prozess war zuvor nicht getaktet, jede Abteilung plante selbst, wann sie damit beginnt und fertig ist. Nach Eingabe der nötigen Daten hilft das MES nun automatisiert und kapazitätsorientiert Termine, Maschinen und Personal zu verplanen. Nicht nur das: Die automatische Betriebsdatenerfassung (BDE) und die automatische Maschinendatenerfassung (MDE) machen manuelle Rückmeldungen von Arbeitsgängen überflüssig, da dies selbsttätig geschieht. Sofort sichtbar werden Liegezeiten, Rückstände oder Überkapazitäten wie auch entstehende Probleme. Früher als bisher ist zu erkennen: Treffen Erwartungen auch wirklich ein? Und wenn nicht: Wo klemmt es genau?
Automatisierung und Digitalisierung regieren nun den Shopfloor. An jeder Maschine gibt es statt Laufzettel einen Bildschirm-Arbeitsplatz, der eine digitale Hummingbird-Jobliste zeigt. Wird die Planung geändert, sortieren sich die Joblisten selbsttätig in Echtzeit um. Die Reihenfolge der Jobs ist anhand der Planung automatisch sortiert und priorisiert. Umgekehrt wird sofort deutlich, wann ein Plan aus dem Ruder läuft. Dies war früher nur mit erheblichem Aufwand zu erkennen, weil keine Echtzeitrückmeldung vorhanden war. „Wenn man etwas nicht weiß, kann man es nicht verbessern. Jetzt weiß und sieht man es in Echtzeit und kann entsprechend reagieren“, folgert Marcus Kalbacher.
Auch unstrukturiertes Arbeiten mit Mehraufwand wird verhindert. Zum Beispiel ist beim Fräsen die Aufgabe in der digitalen Jobliste erst sichtbar, wenn das Material und die NC-Programme dazu zur Verfügung stehen. Die Mitarbeiter können fokussiert arbeiten, denn was in der Jobliste zu sehen ist, steht auch am Arbeitsplatz zur Verfügung. Im MES sind alle Aufgaben koordiniert und verteilt. Neben dem ERP-System ratio.net sind auch alle drei CAM-Systeme sowie die Fräs- und Drahtschneidemaschinen von KRUG angebunden. Das agile Hummingbird MES übernimmt und verwaltet versioniert sämtliche NC-Programme für die entsprechenden Maschinen und stellt diese anhand der aktuellen Planung und Steuerung termingerecht und prozesssicher zur Verfügung.
Höchstmögliche Transparenz auf allen Ebenen, von Bauteil und Arbeitsgang über Arbeitsplatz und Team bis zu Grob-, Feinplanung und Gesamtprojekt, ist einer der größten Vorteile des Systems. Die Fertigungsmitarbeiter von KRUG können sich jetzt besser selbst organisieren, weil sie ihren Arbeitsvorrat über einen längeren Zeitraum als früher sichtbar vor sich haben. Bei Problemen oder notwendigen Änderungen wird ohne Rückfrage direkt die nächste Aufgabe bearbeitet. Auch CAD-, CAM- und Montage-Arbeiten sind nun im MES verplant, sodass nun eine komplette Fertigungsprozessübersicht in Echtzeit vorliegt, die weiterführende Planungen und Entscheidungen erleichtert. „Wir erkennen die Auslastung einzelner Maschinen und Bereiche direkt, können insgesamt besser vorplanen, bei neuen Situationen sofort umplanen und die resultierenden Auswirkungen direkt sehen“, beschreibt Timo Blöcher die Vorteile.
ERP und MES ergänzen sich
Es hat sich herausgestellt, dass die Splittung der Kompetenzen in einerseits ERP und andererseits MES sehr sinnvoll ist. „Der Werkzeug- und Formenbau wendet sich stark in Richtung Industrie 4.0. Ebenso wie im kaufmännischen Bereich für ERP-Systeme braucht es hier auch im technischen Bereich für MES ein besonderes Know-how, das sich jeweils weiterzuentwickeln hat. Es sind zwei durchaus unterschiedliche Felder, die sich aber gut ergänzen können“, sagt Jens Meschede, Key Account Manager bei Schubert Software & Systeme.
Das geschieht in diesem Fall ebenfalls automatisiert. So werden zum Beispiel im MES angestoßene Bestellvorgänge selbsttätig in ratio.net übermittelt und die Erledigung dann zurückgespielt. Die perfekte Integration überraschte auch bei KRUG: „In der Einführungsphase hat man nicht gemerkt, dass es zwei Systeme sind. Die Projektbeteiligten von Schubert, Hummingbird und uns haben sehr zielführend und reibungslos kooperiert, um die Systeme zu harmonisieren“, lobt Timo Blöcher. Hinzuzufügen bleibt, dass die Systeminbetriebnahme des MES keinerlei Installationen bedarf und daher rasch umzusetzen ist – das ist laut Hummingbird einzigartig im Markt.
Noch nicht finalisiert ist derzeit das MES-Werkzeugmanagement bei KRUG. Jedoch gilt es ohnehin noch weitere Optimierungsschleifen zu drehen. Schon jetzt lässt sich allerdings erkennen, dass viel Zeit und Personalaufwand gespart wird, weil die umfassende Koordination und Information durch das MES Rückfragen und Abstimmung erübrigt sowie Freiräume schafft, und weil sich einmal angelegte Planungsprojekte im MES duplizieren lassen und somit Eingabeaufwand bei gleichartigen Projekten gespart wird. Marcus Kalbacher bezifferte die gesamten Vorteile für KRUG: „Rein rechnerisch und auf Basis ähnlicher MES-Kundenprojekte könnte man sagen, dass unser Projekt mit KRUG einen Kapazitätsgewinn von mindestens einer Fräsmaschine oder von etwa zwei Mitarbeitern pro Jahr bringen kann.“
Fotos: KRUG/Hummingbird